Bei unserem Urlaub in Guatemala im November 2019 entschlossen wir uns spontan eine sogenannte Coffee Tour zu machen.
Diese werden überall im Land zu Genüge angeboten und sind sehr beliebt bei Touristen. Wir hatten so eine Tour nicht auf unserer Prioliste für den Urlaub, da wir es mögen einen Großteil der Aktivitäten vor Ort spontan entscheiden zu können. Nach ein paar Tagen haben wir dann aber realisiert, dass sowas auf jeden Fall zu einem Besuch in diesem tollen Land dazu gehört.
In San Pedro La Laguna am Lago Atitlan sind wir im Café Cristalinas gelandet. Das Café ist zentral in der Nähe vom Dock gelegen, wobei bei der Größe von San Pedro im Prinzip alles als zentral bezeichnet werden kann.

Vor Ort waren wir dann ganz begeistert vom Milchkaffee. So einen hatten wir die ersten Tage in dem Land noch nicht getrunken. Man müsste meinen als Kaffee-Nation gäbe es in Guatemala überall Milchkaffee, Latte Macchiato und Co. Allerdings trinken die Einheimischen klassisch eher Filterkaffee.
Dazu muss man sagen, dass dieser ganz anders schmeckt als man es aus Deutschland kennt. Ich bin gar kein Fan von Filterkaffee. Ganz ehrlich, wenn ich irgendwo keinen Milchkaffee, Cappuccino oder ähnliches bestellen kann, weiche ich lieber auf Tee aus. Liegt natürlich auch daran, dass ich Kaffee nur für den Geschmack und nie als Mittel zum Zweck trinke. Ich kenn den Wachmacher-Effekt gar nicht und habe bisher noch keinen Filterkaffee getrunken, der mich geschmacklich überzeugt hat.
In Guatemala wurde ich dann eines besseren belehrt. Dieser hat sowohl im Hostel als auch beim Frühstück in unterschiedlichsten Restaurants gut geschmeckt und benötigt weder Milch noch Zucker. Der Geschmack war meist stark, aber nie bitter. Die Zeit vor Ort hat leider nicht ausgereicht sich damit noch intensiver zu beschäftigen, aber ich möchte auf jeden Fall noch raus finden, warum der Filterkaffee dort so gut schmeckt.
So, nun aber wieder zurück zum Café Cristalinas in San Pedro. Da wir hier, wie gesagt, total begeistert waren auch mal richtig leckere Kaffee Spezialitäten zu bekommen, fragten wir nach einer Coffee Tour, welche uns dann auch direkt für den darauffolgenden Tag angeboten wurde.
Um 11 Uhr trafen wir Fernando vor dem Café. Fernando stammt aus San Pedro, ist 16 Jahre alt und hat, wie sehr viele Kinder in Guatemala, mit 6 Jahren angefangen auf der Kaffeeplantage zu arbeiten. Auf der Ladefläche eines Pick-ups ging es dann zu dritt – die Tour war privat, da sonst niemand gebucht hatte – hoch auf den Vulkan San Pedro.

In Guatemala gibt es zahlreiche aktive und inaktive Vulkane. Ich hab diese früher immer mit Stein, Geröll, Asche und einfach den Farben grau und schwarz verbunden. Auch hier wieder was gelernt – Vulkane sind wunderschön grün und bieten sehr fruchtbaren Boden. Deswegen wird in vielen Gegenden des Landes Kaffee auf Vulkanen angebaut.
Nach 20 Minuten waren wir oben und starteten von da den Weg zurück bergab ins Dorf quer durch die Plantage.
Fernando ist unglaublich leidenschaftlich was das Thema Kaffee angeht. Er erklärte uns zum Beispiel alles darüber, wie wichtig es ist das richtige Verhältnis von Sonne und Schatten zu haben. Deswegen stehen auch überall zwischen den Kaffeesträuchern große Avocadobäume. Sie spenden den Kaffeepflanzen Schatten und die Avocados, die den Boden förmlich übersäen, werden hier nur als Nebenprodukt betrachtet.

Auf der Plantage werden drei verschiedene Bohnen angebaut. Fernando erzählte uns welche sein Favorit ist und wie sich die Qualität unterscheidet. Er lies uns auch die Kaffeefrucht probieren, also die äußere rote Haut. Es schmeckt wirklich wie eine Art Frucht, leicht süßlich. Auf den Kern, also die Bohne, sollte man besser nicht beißen, dieser ist, wie man sich denken kann, sehr bitter.

Während der zwei bis drei Stunden lernten wir nicht nur viel über Kaffeeanbau sondern auch das Leben in Guatemala, welches natürlich maßgeblich davon geprägt ist. Die meisten Kinder gehen im Jahr nur 6 Monate in die Schule, denn sobald die Trockenzeit im November beginnt geht es los mit der Kaffeeernte. Viele bleiben dann auch für den Rest ihres Lebens in genau diesem Job. Fernando hat auch schon viele arbeitsreiche Jahre hinter sich. Er erzählte uns, dass er sehr dankbar dafür ist, dass er jetzt im Café arbeiten kann und sogar die Coffee Tours machen darf. Dafür hat es sich gelohnt englisch zu lernen. Das hat er sich übrigens selber beigebracht mit englischsprachigen Filmen und Serien. Er träumt davon das Geld zu sparen, um eines Tages in die USA ziehen zu können.
Die Wanderung war nicht nur lehrreich sondern auch wunderschön. Immer wieder hatte man einen atemberaubenden Blick über San Pedro und den Lago Atitlan.

Wieder unten im Dorf angekommen ging es dann noch in die Rösterei. Das Café prüft hier die die Säcke voller Bohnen und kauft den Erntearbeitern die ab, deren Qualität sie für gut befinden. Dann geht es in den Trocknungs- und Röstprozess.

Im Café selbst, wo die Tour natürlich mit einem Getränk nach Wahl endet, werden die Bohnen gemahlen und der Kaffee frisch zubereitet.

Die Coffee Tour in San Pedro war für uns eines der Highlights unseres Guatemala Trips. Wir sind innerhalb eines Vormittages in die Kultur des Landes eingestiegen und hatten das Glück mit einem Local über Kaffee, Avocadopreise, Schulsystem, Fussball und seine Träume zu sprechen. Eine einzigartige Erfahrung an einem traumhaft schönen Ort.
2 Kommentare zu „Kaffee-Anbau in Guatemala – ein authentischer Einblick“