Neuanfang Kaffeerösterei – Alexas Weg in die Selbstständigkeit

Zwei traditionelle Espressotassen stehen im Fenster der Kaffeerösterei. Eine ist weiß-gold mit Blumenmuster, die andere türkis-gold-gestreift.

Es gibt Momente im Leben, die uns an einen Scheideweg führen – Zeiten, in denen wir wichtige Entscheidungen mit langfristigen Konsequenzen treffen müssen. Für Alexa gab es 2008 einen solchen Moment. Nach ihrer Trennung stand sie vor der Herausforderung, nicht nur sich selbst, sondern auch ihren beiden Kindern eine stabile Zukunft zu sichern. Doch anstatt sich entmutigen zu lassen, fand sie in der Welt des Kaffees eine neue Leidenschaft und einen Weg, ihren Traum von der Selbstständigkeit zu verwirklichen.

Von der Gastronomie zur Rösterei: Ein mutiger Schritt in die Selbstständigkeit

Alexa hatte schon immer eine enge Verbindung zur Gastronomie. Als Tochter einer gastronomisch geprägten Familie und ausgebildete Köchin war sie vertraut mit den Herausforderungen und Freuden der Branche. Doch die Idee, eine eigene Kaffeerösterei zu eröffnen, war zunächst neu und unerwartet. Angestoßen durch eine Freundin, die eine Rösterei am Scharmützelsee in Berlin besucht hatte, begann Alexa, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Was als vager Gedanke begann, entwickelte sich schnell zu einem konkreten Plan. Alexa erkannte, dass der Weg zur eigenen Rösterei kein einfacher sein würde, aber sie war entschlossen, es zu versuchen. Ohne Vorkenntnisse im Bereich der Kaffeeröstung begann sie, intensiv zu recherchieren und sich weiterzubilden. Eine Rösterei in Stendal, die Kurse anbot, wurde zu ihrem zweiten Zuhause. Fast jedes Wochenende fuhr Alexa nach Stendal, um dort zu lernen, mitzuarbeiten und sich das nötige Wissen anzueignen. Innerhalb von nur acht Monaten setzte sie ihren Plan in die Tat um und eröffnete im Oktober 2010 ihre die Kult Kaffeerösterei in Menden im Sauerland.

Doch dieser mutige Schritt brachte auch Herausforderungen mit sich, die Alexa in ihrer bisherigen Rolle als Hausfrau und Mutter nicht kannte. Die Selbstständigkeit verlangte ihr alles ab – sowohl körperlich als auch mental. Doch der Gedanke, etwas Eigenes zu schaffen, das ihre Leidenschaft für Qualität und Genuss widerspiegelt, trieb sie an.

Goldene Kaffeeschütten in einer Kaffeerösterei. Davor steht eine antike Waage.
Traditionelle Kaffeeschütten in der Kult Kaffeerösterei in Menden im Sauerland.

Die Herausforderung der Vereinbarkeit: Alleinerziehend und Unternehmerin

Als Alexa ihre Rösterei eröffnete, waren ihre Kinder zehn und vierzehn Jahre alt. Während sie zuvor hauptsächlich für ihre Familie da gewesen war, musste sie nun lernen, den Spagat zwischen ihrer neuen Rolle als Unternehmerin und ihrer Verantwortung als Mutter zu meistern. Der Übergang war alles andere als einfach. Plötzlich stand sie vor der Aufgabe, ein Unternehmen aufzubauen, während sie gleichzeitig versuchte, ihren Kindern die Stabilität und Geborgenheit zu bieten, die sie brauchten.

„Für meine Kinder war das auch eine Umstellung“, sagt Alexa rückblickend. „Früher war ich immer für sie da, und plötzlich war ich wieder in einem Vollzeitjob.“ Die Arbeit in der Rösterei war anspruchsvoll, und oft musste sie nach Feierabend rösten, um die Bedürfnisse ihrer Kund:innen zu erfüllen. Besonders in den Anfangsjahren war es eine Herausforderung, sich in der männerdominierten Welt des Kaffees zu behaupten. Trotz der Schwierigkeiten fand Alexa Wege, ihre Rösterei erfolgreich zu führen und gleichzeitig für ihre Kinder da zu sein. 

Während der Corona-Pandemie stellte sich eine weitere Herausforderung: Wie sollte sie ihr Geschäft am Leben erhalten, wenn die Gastronomie nahezu stillstand? Alexa bewies einmal mehr ihre Anpassungsfähigkeit und Kreativität, indem sie ihr Geschäft umstrukturierte. Sie nutzte die systemrelevante Einstufung des Kaffees, um weiterhin verkaufen zu können, und verwandelte ihr Café kurzerhand in einen Kiosk, aus dem sie ihre Produkte verkaufte.

Diese Zeit war hart, aber auch lehrreich. Alexa erkannte, wie wichtig es ist, flexibel zu bleiben und sich den Gegebenheiten anzupassen. „Corona war für mich in gewisser Weise auch eine positive Erfahrung“, erzählt sie. „Erst durch den Fensterverkauf ist meinen Kund:innen deutlich geworden, dass es sich hier um eine Rösterei handelt und vor Ort frisch geröstet wird. Davor wurde ich immer als Café wahrgenommen.”

Ein Röster der Marke Gießen für Chargen von 2kg Kaffee vor einer grünen Wand mit einer Weltkarte
Alexa röstet frisch vor Ort mit einem 6kg Giesen Röster.

Kaffeekultur neu gedacht: Genuss und Qualität im Fokus

Für Alexa ist Kaffee mehr als nur ein Weg, um morgens wach zu werden – er ist ein Genussmittel, das mit Liebe und Sorgfalt zubereitet werden sollte. Diese Überzeugung spiegelt sich in jeder Facette ihrer Rösterei wider. „Die meisten Menschen wissen, wie man Tee zubereitet, aber bei Kaffee fehlt oft das Wissen“, sagt sie. „Dabei kann Kaffee genauso zelebriert werden.“

Eine besondere Leidenschaft hat Alexa für die traditionelle Zubereitungsmethode, wie etwa die Pour-Over-Technik. Diese Methode, bei der das Wasser langsam und gleichmäßig über das Kaffeepulver gegossen wird, ermöglicht es, die feinen Aromen des Kaffees vollständig zur Geltung zu bringen. „Es ist faszinierend, wie anders Kaffee schmecken kann, wenn er richtig zubereitet wird“, erklärt Alexa. „Und es ist ein Genuss, den ich meinen Kund:innen auch näherbringen möchte.“

In ihrer Rösterei legt Alexa großen Wert auf die Auswahl ihrer Produkte. Vom Kaffee über Confiserieartikel bis hin zu Präsenten – alles, was sie anbietet, ist sorgfältig ausgewählt und von hoher Qualität. „Ich suche immer nach besonderen Produkten, die man nicht überall bekommt“, sagt sie. „Kaffee ist etwas Besonderes, und alles andere sollte das auch sein.“

Eine vertrauensvolle Partnerschaft: Kaffeehandel auf Augenhöhe

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg von Alexas Rösterei ist ihre langjährige Zusammenarbeit mit Thomas Stehl, einem Kaffeehändler aus Hamburg. Thomas reist regelmäßig in die Ursprungsländer des Kaffees, um persönlich die Qualität der Plantagen zu überprüfen und sicherzustellen, dass der Kaffee unter fairen Bedingungen produziert wird. Diese direkte Beziehung zu einem verlässlichen Partner gibt Alexa die Sicherheit, ihren Kundinnen und Kunden stets erstklassige Produkte anbieten zu können.

„Thomas ist für mich ein unverzichtbarer Partner“, sagt Alexa. „Er bringt nicht nur großartige Kaffees mit, sondern auch wertvolle Informationen und Geschichten direkt von den Plantagen.“ Da Alexa selbst nicht die Möglichkeit hat, in die Kaffeeländer zu reisen, ist Thomas’ Arbeit für sie von unschätzbarem Wert. „Ich kann mich darauf verlassen, dass er die richtigen Entscheidungen trifft und mir nur die besten Bohnen bringt“, erklärt sie.

Diese enge Partnerschaft ist ein Beweis dafür, wie wichtig Vertrauen im Kaffeehandel ist. „Kaffee ist ein sensibles Produkt“, sagt Alexa. „Es ist nicht nur wichtig, wo er herkommt, sondern auch, wie er verarbeitet wird. Und ich weiß, dass ich mich auf Thomas verlassen kann.“

2 kleine weiße Hunde liegen auf leeren Kaffeesäcken im Fenster einer Kaffeerösterei.
Stammgäste in der Kult Kaffeerösterei haben den besten Platz.

Der Blick in die Zukunft: Herausforderungen und Hoffnungen

Obwohl Alexa ihre Rösterei seit über einem Jahrzehnt erfolgreich führt, blickt sie auch mit Sorge in die Zukunft. Der Klimawandel und die damit verbundenen Herausforderungen für den Kaffeeanbau sind Themen, die sie beschäftigen. „Es wird schwieriger, hochwertige Arabica-Bohnen zu bekommen“, sagt sie. „Der Klimawandel hat massive Auswirkungen auf die Ernte, und die Preise steigen.“

Doch trotz dieser Herausforderungen bleibt Alexa optimistisch. „Die Natur hat eine unglaubliche Fähigkeit, sich anzupassen“, sagt sie. „Ich hoffe, dass wir Wege finden, auch in Zukunft großartigen Kaffee zu produzieren.“ Für Alexa ist klar, dass Qualität und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen müssen. „Es geht nicht nur darum, guten Kaffee zu verkaufen, sondern auch darum, die Menschen zu unterstützen, die ihn anbauen.“

In diesem Zusammenhang setzt Alexa auch auf Transparenz. Sie unterstützt Projekte wie das von Lampocoi aus Guatemala, bei dem sie genau nachvollziehen kann, woher der Kaffee kommt und wie die Menschen vor Ort profitieren. „Es ist mir wichtig, dass ich meinen Kund:innen Details zum Kaffee mitgeben kann“, betont sie. „Und das kann ich nur, wenn ich weiß, woher der Kaffee kommt und wie er produziert wird.“

Eine Wand mit einer Uhr darunter ein Zitat von Guy de Maupassant: Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben so lebenswert machen.
Dieses Zitat bedeutet ihr viel, denn für sie ist es wichtig, dass ihre Rösterei ein Ort der Begegnung ist.

Fazit: Eine Erfolgsgeschichte aus der Kleinstadt

Alexas Reise zeigt, dass aus schwierigen Situationen oft die besten Ideen entstehen können. Ihre Rösterei ist mehr als nur ein Geschäft; sie ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um guten Kaffee zu genießen und sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Mit Mut, Hingabe und einer Leidenschaft für Qualität hat Alexa nicht nur eine erfolgreiche Rösterei aufgebaut, sondern auch bewiesen, dass es möglich ist, sich als Frau in einer männerdominierten Branche zu behaupten.

In einer Zeit, in der viele kleine Unternehmen kämpfen, ist Alexas Geschichte eine Inspiration. Sie zeigt, dass es möglich ist, auch unter schwierigen Bedingungen erfolgreich zu sein – wenn man bereit ist, hart zu arbeiten, sich anzupassen und niemals die Leidenschaft für das zu verlieren, was man tut. Für Alexa ist ihre Rösterei nicht nur ein Geschäft, sondern ein Ausdruck ihrer Überzeugungen und ihrer Liebe zum Kaffee. Und diese Leidenschaft spürt man in jedem Schluck.

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