Für Direct Trade gibt es keine klare Definition und deswegen ist es jedem Händler möglich hier seine eigenen Maßstäbe zu setzen. Für Katharina Strottner von WISAG bedeutete das eine Kafeee Marke aufzubauen, die die Produzentin im Fokus hat. Im Interview verrät sie mir, wie es zu dieser Zusammenarbeit kam und was das Besondere daran ist.
Diesen Artikel hab ich unbeauftragt und unbezahlt geschrieben. Eine frische Espressoröstung gab es allerdings zum Dank 😊 Ich finde Direct Trade Konzepte sind absolut zeitgemäß und der richtige Weg zu einer gerechteren und ressourcenschonenderen Zukunft. Aus diesem Grund möchte ich Marken, die solch einen Ansatz verfolgen, unterstützen.
So, nun aber zum Interview 😊
Jules: Liebe Katharina, danke, dass du dir heute Zeit für dieses Gespräch nimmst. Möchtest du Doña Victoria und euer Konzept einmal kurz vorstellen?
Katharina: Klar, gerne. Am besten fang ich mal mit dem Herzstück an: Victoria ist nicht nur ein schöner Name, sondern eine reale Person. Victoria ist Mitglied einer der Kaffeebauernfamilien in Honduras, von denen wir – das Dienstleistungsunternehmen WISAG – Rohkaffee für unsere eigene Kaffeemarke beziehen. Victoria lebt dort mit ihrer Familie, mit Kindern und mittlerweile auch schon Enkelkindern. Sie betreibt Kaffeeanbau in dritter Generation.

Wir kaufen den Kaffeebauernfamilien die komplette Ernte ab und finanzieren diese auch für die nächste Saison vor. Damit geben wir den Familien Planungssicherheit und verhindern gleichzeitig, dass sie ihre Kaffeebohnen irgendwo am Wegesrand unter Wert verkaufen müssen. Die Vorfinanzierung ist ein wesentlicher Punkt unseres Konzepts. Der andere wichtige Aspekt für uns ist, dass wir nicht nur den Preis zahlen, den der aktuelle Weltmarkt für Rohkaffee vorsieht, sondern deutlich mehr. Hinzu kommt, dass wir auch Bildungsprojekte für die Kaffeebauern unterstützen: Aus unserem „Finanzierungspool Bildung“ werden Schulungsmaßnahmen finanziert. Wir arbeiten mit dem Kolpingwerk zusammen, das die Kaffeebauern vor Ort finanziell und organisatorisch betreut. Kolping stellt sicher, dass das Geld den Projekten und Menschen zugutekommt, die es gerade am dringendsten benötigen. Dieses Jahr wurde das Geld vom Bildungsfond kurzfristig dazu genutzt, bei coronabedingten Problemen auszuhelfen.
Es ist auch Teil meiner Arbeit, direkten Kontakt zu den Kaffeebauern zu halten – auch vor Ort in Honduras – und sicherzustellen, dass unsere Hilfe ankommt.
Jules: Ein Dienstleistungsbereich der WISAG ist das Catering. Ging es bei Doña Victoria auch darum, hier qualitativ hochwertige Produkte für diesen Bereich anbieten zu können?
Katharina: Ja, mit Doña Victoria können wir Kunden und Tischgästen einen qualitativ hochwertigen Kaffee anbieten. Aber an erster Stelle stand und steht der Wunsch, die Lebensbedingungen der Kaffeebauern nachhaltig zu verbessern. Die WISAG engagiert sich schon seit Jahren für mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Jules: Sehr schön. Um nochmal auf die Herkunft eures Kaffees zurückzukommen. Warum Honduras und warum Victorias Familie – wie ist das entstanden?
Katharina: Ich habe das Plateau auf einer Reise durch Honduras kennengelernt. Ausgehend von meiner Idee, eine eigene Kaffee-Marke für die WISAG zu initiieren, baute sich in kurzer Zeit ein Netzwerk auf und so intensivierte sich der Kontakt zu den Bauern insbesondere durch unseren Röster, den ich schon lange kenne. Er hat vor einiger Zeit ein paar Jahre in Honduras gelebt und dadurch eine emotionale Verbindung zu dem Land – wie auch zu unserer Victoria und ihrer Familie. Wir haben uns schließlich für den Bezug der Bohnen für unsere Kaffeemarke für Familien entschieden, bei denen wir den Eindruck hatten, dass sie die Hilfe am meisten brauchen. Wir wollten Kaffeebauern unter die Arme greifen, die einfach noch nicht wissen, wie sie den Kaffeeverkauf am besten angehen. Das war bei Victoria und den anderen Bauern aus der Kooperative der Fall.
Jules: Wie groß kann man sich die Anbaufläche vorstellen und wie viele Bauern gibt es vor Ort?
Katharina: Das Land, das Victoria zur Verfügung steht, ist relativ überschaubar. Aber dadurch, dass wir den Kaffee von einer etwas größeren Kooperative beziehen, der neben Victoria noch ca. 90 Bauern angeschlossen sind, kommt eine größere Menge zustande. Diese Farmer erhalten alle die gleiche Unterstützung über Kolping. Wenn wir vor Ort sind, besuchen wir nicht nur Victoria, sondern auch andere Bauern aus der Kooperative.

Jules: Und wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus?
Katharina: Wir haben von Anfang an gesagt: Wir wollen auf gar keinen Fall wachsen, um des Wachsens Willen. Dann würden wir unsere Bauern vielleicht eines Tages abhängen und das ist nicht Sinn der Sache. Das, was sie anbauen bzw. ernten, das möchten wir ihnen gern abnehmen. Klar wäre mir am liebsten, dass unser Kaffee überall getrunken wird, aber Wachstum soll bei uns rein nachhaltig vonstatten gehen. Wenn wir Richtung 2021 schauen, wird es viel darum gehen, in Honduras weiter Aufbauarbeit zu leisten und in Deutschland die Marke bekannter zu machen. Es ist uns ein Anliegen, bewusst zu machen, dass für die Kaffeebauern nichts übrig bleibt, wenn im Supermarkt zum Beispiel die 500-Gramm-Packung Kaffee für 3 Euro im Angebot ist. Wenn wir mehr Transparenz schaffen und Aufklärung leisten können, ist das für uns ein großer Gewinn.
Jules: Ich freue mich auch dazu beitragen zu können, dass mehr Menschen sich mit Kaffee und seiner Herkunft beschäftigen. Schön, wie ihr als Vorbild vorangeht und zeigt: Nur weil Kaffee am anderen Ende der Welt angebaut wird, heisst es nicht, dass wir nicht erfahren können wie die Bedingungen vor Ort sind. Im Gegenteil, heutzutage ist das problemlos möglich. Von daher wirklich ein tolles Konzept. Wie oft warst du schon in Honduras seit 2017?
Katharina: Ich war coronabedingt bisher nur zweimal in Honduras und einmal in Brasilien. In Brasilien war ich, weil wir zu Weihnachten letzten Jahres eine Sonderedition rausgebracht haben. Diese bestand zu 50 Prozent aus Kaffee aus Honduras und zu 50 Prozent aus Kaffee aus Brasilien. Als ich nach meiner ersten Reise nach Honduras gefragt wurde, was das Prägendste für mich war, das ich erlebt habe, waren es auch die Lebensbedingungen der Kinder, über die ich sprechen wollte. Wenn man gesehen hat, dass ein Schulweg dort zwei Stunden Fußmarsch am Morgen und zwei Stunden am Nachmittag bedeutet, öffnet das die Augen. Und wenn das Wetter nicht mitspielt und der Weg zum Bach oder Fluss wird, fallen die Schulstunden nun mal aus. Ebenso wenn kein Geld mehr da ist, die Schule zu bezahlen. Das sind Themen, mit denen wir uns hier nicht beschäftigen müssen, weil Schule und Infrastruktur für uns selbstverständlich sind.
Jules: Absolut. Das gibt einem nochmal eine total neue Perspektive. Danke, dass du diese Themen auch über euren Doña Victoria Instagram Account teilst. Dazu wollte ich dich auch noch fragen: Wer steht alles hinter der Kaffeemarke – bist das nur du oder arbeitet ihr im Team?
Katharina: Ich persönlich bin die Produktverantwortliche für Doña Victoria. Kaffee ist schon lange meine Leidenschaft und ich habe auch in der Gastronomie gelernt, studiert und bin dieser Branche auch bis heute treu geblieben. Lebensmittel haben mich schon immer interessiert und dann hatte ich das große Glück mich hier bei WISAG so entfalten zu können mit diesem Projekt. Wie gesagt, engagiert sich das Familienunternehmen schon sehr lange für mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz. So liegt Doña Victoria auch sehr vielen Kollegen am Herzen. Und sie unterstützen großartig dabei, den Kaffee und die Geschichte hinter den Bohnen bei Kunden, Partnern und Freunden bekannt zu machen.

Jules: Was ist denn dein Lieblingskaffee?
Katharina: Mittlerweile trinke ich am liebsten Filterkaffee, aber auch Espresso. Der erste Liter am Morgen kommt aus dem Filter und am Nachmittag folgt dann ein Espresso auf den anderen.
Jules: Sehr cool! Katharina, danke dir für den Blick hinter die Kulissen von Doña Victoria und danke, dass du dich für dieses Thema einsetzt und auch weiterhin ganz viel Erfolg dabei!
Sehr schön und ausführlich. Es hat Spaß gemacht, alles zu lesen.
Weiterhin viel Erfolg.
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Danke dir für das liebe Feedback!
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