Seit Juni diesen Jahres gibt es nun auch in der Kölner Altstadt eine Rösterei. Wer sich ein wenig in der Kölner Kaffeeszene auskennt, denkt sich vielleicht: „Wow, noch eine Rösterei in Köln. Gibt es denn nicht schon genug?” Wenn ihr mich fragt: Ganz klar, nein. Der Marktanteil von Spezialitätenkaffee wächst und das darf und soll er bitte auch in den nächsten Jahren noch tun. Meiner Meinung nach brauchen wir noch viel mehr direkt gehandelten Kaffee (bis hin zu dem Punkt, dass konventioneller Kaffee verdrängt wurde) und müssen noch mehr Bewusstsein dafür in der Gesellschaft schaffen.
Dies haben sich auch Patrick und Robin von der Altstadt Rösterei zum Ziel gesetzt. Ihren Kaffee importieren sie selber aus Malawi, Peru, Guatemala und Mexiko. Den beiden ging es aber nicht nur darum, in der Ferne einen positiven Impact zu haben, sondern auch in ihrer Heimatstadt Köln etwas zu verändern. Ganz bewusst haben sie sich für den Standort in der Altstadt zwischen Heumarkt und Rhein entschieden und möchten diesen Teil Kölns nachhaltig beeinflussen. “In der Kölner Altstadt wird leider noch viel zu viel schlechter Kaffee getrunken.” führt Robin bei unserem Interview an. Das meint er ganz vorwurfsfrei, denn ihm ist auch klar, dass die Gastronomie in der Altstadt mit einem schnelllebigen Touristengeschäft und anderen Herausforderungen alle Hände voll zu tun hat: “Außerdem müssen viele Gäste zunächst noch für guten Kaffee sensibilisiert werden und lernen, dass es sehr große Qualitätsunterschiede gibt.”
Dadurch, dass Patrick und Robin vor der Eröffnung der Rösterei noch in andere Projekte eingespannt waren, kam es im Frühjahr des Öfteren zu nächtlichen Umbauarbeiten im alten Nussknackermuseum am Buttermarkt. So haben sie mehr oder weniger unfreiwillig auf sich aufmerksam gemacht, wodurch zahlreiche Kontakte in der Altstadt entstanden sind. Diese führten dazu, dass bereits jetzt einige Cafés mit Altstadt Rösterei Kaffee beliefert werden. Diese lokalen Kundenbeziehungen sollen ausgebaut werden, sodass es insgesamt zu einem Umdenken in der touristischen Ecke Kölns kommt. “Wir möchten die Altstadt aufwerten und auch für Kölner:innen wieder interessant machen. Es gibt bereits jetzt einige Schätze hier, die gerade Einheimische oft nicht kennen.” Weg von “Masse” und “günstig”, hin zu “hochwertig” und “exklusiv” – dieser Trend, der in den Veedeln Kölns schon lange zu spüren ist, soll nun auch im touristischen Zentrum Einzug finden.

Erst die Nachhaltigkeit, dann der Kaffee
Aber wie kamen Robin und Patrick eigentlich dazu, eine Rösterei zu eröffnen? Beide hatten vorher keinen unmittelbaren Bezug zu Kaffee, aber dafür zum Thema Nachhaltigkeit umso mehr. Mit der Climate Pioneers GmbH unterstützen sie Unternehmen und auch Privatpersonen dabei, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Dafür haben sie verschiedene Projekte ins Leben gerufen, die auf unterschiedliche Arten das Thema angehen. Eines davon nennt sich Forstfreunde und bietet die Möglichkeit, online Bäume zu pflanzen oder Patenschaften für Ernten zu übernehmen. Durch diese Aufforstungsprojekte sind Robin und Patrick in einigen Ländern des globalen Südens gut vernetzt und haben darüber die Kaffee-Kooperativen kennengelernt, mit denen sie nun zusammenarbeiten. Durch die zugesicherte Abnahmemenge und das Zahlen eines Preises, der dem dreifachen des Fair-Trade-Preises entspricht, positioniert sich die Altstadt Rösterei bei den Kaffee-Produzierenden als Partner auf Augenhöhe.
Einer von wenigen Anbietern deutschlandweit für Cascara
Durch ihre guten Kontakte nach Mittelamerika gehört die Altstadt Rösterei zu einem der ca. elf deutschlandweiten Einzelhändlern, die aktuell Cascara anbieten. Cascara ist erst seit April 2022 als Lebensmittel zugelassen. Es handelt sich um einen Kaffeekirschentee. Die Kaffeekirsche ist beim Aufbereiten von Rohkaffee bisher leider ein Abfallprodukt gewesen. Durch die globale Nachhaltigkeitsbewegung wurden sich hier nun Gedanken darum gemacht, inwiefern sie sich vielleicht doch verwerten lässt. Und siehe da, die Kaffeekirschen eignen sich fantastisch für Tee. Ich durfte ihn in der Altstadt Rösterei probieren und er hat richtig gut geschmeckt. Zunächst schmeckt er wie ein Früchtetee und erinnert an Beerenfrüchte oder Kirschen, später schmeckt er dann vielmehr nach Kaffee und enthält übrigens auch Koffein.
“Wir entwickeln auch aktuell den ersten Cascara-Gin der Welt.” verrät mir Robin im Verlauf unseres Gesprächs. Im Kiristore – einem weiteren Projekt der Climate Pioneers – findet ihr bereits jetzt schon verschiedene Gins, die durch die Kooperationen der Nachhaltigkeitsprojekte zustande gekommen sind. So zum Beispiel der Bienen-Gin, der mit Honig aus der Region verfeinert wird. Dafür arbeiten sie schon länger mit einer Destillerie zusammen und entwickeln aktuell das Rezept für einen mit Kaffeekirschentee verfeinerten Gin.

Gelungener Start des Start-ups
Die Altstadt Rösterei ist in den ersten fünf Monaten seit der Gründung bereits richtig durchgestartet. In Verbindung mit dem Kiristore und einem Popup-Store Konzept haben sie einen Preis der Kölner Wirtschaftsförderung gewonnen, mit dem sie eine riesige Eröffnungsfeier finanzieren konnten. Aufgrund dieser und eines darauf folgenden Artikels im Kölner Stadtanzeiger wurden sie buchstäblich überrannt.
Aus diesem Grund ist auch der Laden noch nicht zu 100 % fertig (aktuell fehlt z.B. noch die Gästetoilette), aber die Arbeiten sollen bis zum Beginn der Weihnachtszeit abgeschlossen sein. Schaut gerne auch jetzt schon mal vorbei. Der aktuelle Stand ist mehr als vorzeigbar. Die Mischung aus urig und modern hat einen ganz besonderen Charme und ich kann mir vor allem vorstellen, den ein oder anderen grauen Regentag demnächst auf dem Sofa über den Röstern zu verbringen. Im hinteren Teil des Ladenlokals stehen nämlich die zwei kleinen vollautomatisierten Röstmaschinen, die täglich Kaffee in 2 Kilo Chargen rösten. Durch ein ganz besonderes Abluftsystem gelangt kein Rauch in den Gastraum und es war möglich, direkt über diesen eine Empore mit einer gemütlichen Lounge zu bauen.
Wer diese besonderen Röstmaschinen nicht nur aus der Nähe betrachten, sondern auch gern mal ausprobieren möchte, hat bald die Möglichkeit dazu. Die Altstadt Rösterei bietet demnächst Röst-Seminare an. Diese kann man allein oder direkt als Gruppe buchen und geht am Ende mit 2 kg selbst gerösteten Kaffeebohnen nach Hause.

Mitarbeitende gesucht
Der rasante Start der Altstadt Rösterei führt aktuell dazu, dass Patrick und Robin nach weiteren Team Kolleg:innen suchen – sowohl für die Rösterei als auch die anderen Geschäftsbereiche. Die Climate Pioneers setzen sich zusammen aus Forstfreunde, Ozeanfreunde, dem Kiristore und der Altstadt Rösterei. Insbesondere für die letzten beiden Bereiche werden Personen gesucht, die das ganze hauptverantwortlich übernehmen und die Marken weiterentwickeln. Aktuell besteht das Team aus 10 Personen. Zwei davon machen gemeinsam mit der Rösterei ein duales Studium in den Bereichen Marketing und Nachhaltigkeitsmanagement.
Es wurde auch noch eine ganz besondere Stelle geschaffen: Der oder die sogenannte Barösta. Durch die vollautomatisierten Röster kann nämlich eine Person sowohl das Rösten als auch den Café Betrieb parallel übernehmen. Wie überall, aber auch insbesondere in der Gastronomie / dem Einzelhandel ist es gerade sehr schwer, Personal zu finden – erzählt es also gern weiter.
Mein Besuch bei der Altstadt Rösterei war sehr aufschlussreich, denn neben Kaffee und Direct Trade gab es auch noch viele verwandte Themen, über die ich mit Robin sprechen durfte. Wenn ich mit einem Satz zusammenfassen müsste, was die Climate Pioneers antreibt, würde ich sagen: Ihr Herz brennt dafür, Nachhaltigkeit in Geschäftsmodellen zu verankern, sodass langfristige Partnerschaften und ein größerer Impact geschaffen werden können.